Infraschall

Infraschall kann viele Verursacher haben. Die auch heute noch relevanten Forschungsergebnisse haben seit 1985 bestand. Das ist also kein neues Thema, nur galt bis vor etwa zehn Jahren auch bei Hörforschern als anerkannter Kenntnisstand der Wissenschaft, dass Infraschall, d.h. der aufgrund seiner sehr tiefen Frequenzen „unhörbare Schall“, für den Menschen gefahrlos sei.

Nach dem Motto welches leider auch das LfU auch heute noch vertritt: „Schall, den man nicht hört, kann auch nicht schaden.“

Seit einigen Jahren setzt allerdings ein Umdenken ein, was sich auch in einem bereits 2007 erschienenen Artikel des Robert-Koch-Instituts (RKI) welches dem Bundesministerium für Gesundheit direkt unterstellt ist widerspiegelt. Das RKI befasst sich sowohl mit der Beobachtung des Auftretens von Krankheiten und relevanten Gesundheitsgefahren in der Bevölkerung als auch mit der Ableitung und wissenschaftliche Begründung der erforderlichen Maßnahmen zum wirkungsvollen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung.

In dem Artikel des Robert Koch Institut wird unter anderem geschrieben:

… Probleme mit tieffrequenten Schallimmissionen sind z.B. bekannt geworden im Zusammenhang mit dezentralen Heizkraftwerken sowie im städtischen Bereich mit Schwerlastverkehr. Ein weiteres Beispiel sind die Emissionen von Windkraftanlagen, die teilweise sehr nah an Wohnbereichen aufgestellt sind. Vor dem Hintergrund der breiten Anwendungsmöglichkeiten und der gegenwärtigen technischen Entwicklung besteht Handlungsbedarf, um die Belastungen des Privatbereichs genauer und differenzierter zu betrachten, insbesondere unter Berücksichtigung von Risikogruppen, wie z.B. Kinder und Jugendliche. Die wissenschaftliche Literaturlage zum Thema „Lärmwirkung auf Schwangere“, insbesondere nicht-arbeitsmedizinische Literatur speziell zum Thema „tieffrequenter Schall“, ist ausgesprochen dürftig. Besonders kritisch müssen die Auswirkungen von Lärm auf den Schlaf von Schwangeren, Wöchnerinnen und Müttern in der postnatalen Phase gesehen werden. Auf europäischer Ebene wird für schwangere Arbeitnehmerinnen in der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG festgelegt, dass sie keine Tätigkeiten verrichten sollten, die zu starker niederfrequenter Vibration führen können, da sich hierdurch das Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt erhöhen kann. Im privaten Bereich liegen keine Schutzempfehlungen für tieffrequenten Schall bzw. Infraschall vor.

Die besondere Qualität von Infraschall (unter 16 bzw. 20 Hz) bedarf jedoch verstärkter Aufmerksamkeit, da bisher nur wenige gesicherte Erkenntnisse, nicht zuletzt wegen einer noch nicht optimalen Erfassungsmethodik, über das Auftreten und die Wirkung von Infraschall vorliegen. Es muss insgesamt ein deutlicher Mangel an umweltmedizinisch orientierten wissenschaftlichen Studien zu tieffrequentem Schall konstatiert werden. Im Vergleich zum normalen Hörbereich liegen nur wenige gesicherte Erkenntnisse über Auftreten und Wirkung von tieffrequentem Schall vor. Es besteht großer Handlungs- und Forschungsbedarf. …

Auszug aus dem 2007 veröffentlichten Artikel des Robert-Koch-Instituts „Infraschall und tieffrequenter Schall – ein Thema für den umweltbezogenen Gesundheitsschutz in Deutschland?“ Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz (2007), 50:1582–1589
DOI 10.1007/s00103-007-0407-3 — © Springer Medizin Verlag 2007

Die amerikanischen Hörforscher Alec Salt von der Universität Washington in St. Louis und James Kaltenbach vom Lerner Forschungsinstitut in Cleveland schreiben u.a. 2011 in der Fachzeitschrift Bulletin of Science, Technology & Society:

… Daher kommen wir zu dem Schluss, dass Behauptungen wie “Es gibt keinen nennenswerten Infraschall beim derzeitigen Design von Windenergieanlagen” unzweifelhaft falsch sind. Eine wissenschaftliche Basis für die Möglichkeit, dass solcher Schall Auswirkungen auf den Menschen haben kann, ergibt sich aus der Tatsache, dass Infraschall das menschliche Stammhirn beeinflusst. (Anm.: Das Stammhirn ist für die essenziellen Lebensfunktionen zuständig und steuert u.a. Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung sowie wichtige Reflexe. Das Stammhirn bildet die Schnittstelle zwischen dem übrigen Gehirn und dem Rückenmark). Die Möglichkeit, dass niederfrequente Teile des Schalls sowohl zu starken Störungen des Befindens als auch zu anderen Problemen führen, über die Menschen berichten, die Windenergieanlagen ausgesetzt sind, kann nicht einfach abgestritten werden.

… Bis heute gibt es keine publizierten Studien, die zeigen, dass die langfristige Belastung mit Infraschall Menschen nicht schadet. Im Gegenteil gibt es zahlreiche Berichte, die stark darauf hindeuten, dass Menschen, die in der Nähe von Windenergieanlagen wohnen, krank werden, mit einer Vielzahl von Symptomen, wobei chronische Schlafstörungen besonders häufig sind. Die Tatsache, dass solche Berichte ignoriert werden, weil der Infraschall von Windturbinen ja unter dem hörbaren Niveau sei, scheint die Physiologie des Ohrs völlig zu ignorieren. Signalwege von den äußeren Haarzellen des menschlichen Ohrs zum Gehirn existieren, durch die nicht hörbarer Infraschall die Funktion des Gehirns beeinflussen kann. Aus unserer Perspektive gibt es zunehmend Belege für die Ansicht, dass sich Infraschall negativ auf Menschen auswirken kann. Diese Hinweise erfordern mehr wissenschaftliche Studien zu diesem Thema.

Auszug aus dem 2011 veröffentlichten Artikel der amerikanischen Hörforscher Salt und Kaltenbach „Infrasound from wind turbines could affect humans“ Bulletin of Science, Technology & Society (2011), 31:296–302
DOI: 10.1177/0270467611412555 — © 2011 SAGE Publications

 

Die inhaltlich zitierten Artikel sind beispielhaft für die derzeitige Situation, dass immer mehr Daten auf Gesundheitsrisiken durch Dauer-Infraschall hinweisen. Studien, die die Gefahrlosigkeit von Dauer-Infraschall belegen würden, gibt es indes nicht. In einer solchen Situation, in der die Gefahrlosigkeit nicht belegt ist und sich die Hinweise für eine Gesundheitsgefährdung häufen, muss Risikovorsorge betrieben werden.

 

 

Anmerkung: Krankenkassen und Infraschall

Die Kennziffer der Krankenkassen für die Anerkennung der Gesundheitsschäden durch Infraschall ist: ICD-10-GM2010-CODE T75.2. (Schwindel durch Infraschall als behandlungsbedürftige Krankheit). Das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information in Köln (DIMDI) hat die Vergabe des ICD-Codes (www.dimdi.de) vorgenommen.  

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?

Status Keine Daten in den vergangenen 48 Stunden. Learn more Testzugriff senden Website-Tracking Dies ist der Universal Analytics-Tracking-Code für diese Property. Um alle Vorteile von Universal Analytics für diese Property nutzen zu können, kopieren Sie diesen Code und fügen Sie ihn auf allen Webseiten ein, die Sie beobachten möchten.